> Eigene bildnerische Arbeit > Abbildungen > Psychiatrische Kunstgeschichte, Projekt Julius Klingebiel, sonstige Ausstellungen ____________________________________________________________________________________
Entwicklung und Konzepte:
Seit rund 50 Jahren arbeite ich an Zeichnungen und Malerei und übe dies seit 2008 nebenberuflich aus. Vorläufer waren medizinische Illustrationen 1966-1970, die erstmals ab Februar 2017 in Erlangen gezeigt wurden. 1968-1974 kamen Zeichnungen hinzu, die dem phantastischen Realismus nahe stehen. Im Zentrum stehen seit 1968 abstrakte Figurationen, Gestalten und Szenerien. Im Sinne eines "ungegenständlichen Phantasmus" knüpfe ich seit 1968 an WOLS und das deutsche Informel an. Ich arbeite auf Papier mit Aquarell, Tusche, Gouache, Mischtechniken und Collagen. Die Ausdrucksformen habe ich in den letzten Jahren weiterentwickelt und lasse zunehmend das Material mitsprechen. Eine Werkgruppe, die daran anknüpfte, befasste sich 2012-2017 mit Buchobjekten, die ich aus den Roten Listen entwickelt habe, den Pharmaverzeichnissen für alle Ärzte.
Der aktuell wichtigste künsterische Schritt führt seit 2012 in die Begegnung mit den Spuren von Schrift:
Löschpapierprojekt
Ich verwende benutzte Streifen Löschpapier mit ihren authentischen Tintenspuren. Sie finden sich heute noch hier und da auf alten Löschrollern oder -Wiegen. Meine Fundstücke stammen vom eigenen Schreibtisch, von Freunden und Bekannten, von privaten und öffentlichen Schreibtischen. Die Geber nenne ich öffentlich nicht. Die Löschpapiere offenbaren mit ihren Gebrauchsspuren eine überraschende Zufallsästhetik. Ich umgebe sie in Collagen, seit 2016 auch kleinen Objekten und Assemblagen (Holz, Metall u.a.) und mache ungegenständliche Bildaussagen. So werden sie in einem "second life" neu inszeniert.
Ich sammele weiter Löschpapierstreifen und freue mich, wenn ich Proben zur bildnerischen Weiterverarbeitung erhalte.
2016 habe ich das Projekt erweitert und Besucher bei Veranstaltungen im Sinne einer minimalistischen Performance gebeten, sich in ein Gästebuch einzutragen. Die frischen Spuren auf Löschpapier erinnern an die Veranstaltung. 2016 war es ein "Offenes Goldenes Buch" beim Neubürgerempfang der Stadt Wunstorf, in das man sich im Ratssaal eintragen durfte:
Eine ähnliche Aktion habe ich am 10.2.2017 bei der Abschiedsvorlesung von Prof. Dr. Winfried Neuhuber im Anatomie-Institut in Erlangen durchgeführt: Rund 200 Anwesende schrieben sich in ein Gästebuch ein. Ihre mit Tinte geschriebenen Unterschriften hinterließen ihre Spuren in einem Löschpapierstreifen, der auf kleinstem Raum wie ein Werk des Tachismus wirkt - aber doch anders:
Eine Fortsetzung fand die Reihe der Gästebücher 2017 in Berlin bei der International Psychoanalytic University IPU. Das Logo der IPU ist eine Couch in Orange. Der Buchdeckel wird zum Passepartout. So nehmen die Unterschriften der Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker auf ihrer Couch Platz..
6 / 1968 Haus Villigst, Schwerte 1 / 1969 Galerie Töpferscheibe, Nürnberg 7 / 1970 Galerie Libresso, Hamburg 1 / 1974 Produkt Galerie, Hamburg 5 / 2008 Ärztehaus Hannover 8 / 2009 Stadtkirche Wunstorf 5 / 2011 Ev. Akademie Loccum 11 / 2013 Kassenärztliche Bundesvereinigung, Berlin 5 / 2014 Tagungszentrum der Ev. Kirche von Westfalen Haus Villigst 9 / 2014 Bildungs- und Tagungszentrum HVHS Springe 5 / 2016 Ehemalige Synagoge, Ahrweiler 3./ 2017 Anatomisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen 10 / 2017 Künstlerhaus KUNO Nordstemmen 5 / 2018 Kunstkreis Kloster Brunshausen, Bad Gandersheim 12 / 2019 Anatomisches Institut, UK Eppendorf, Hamburg
2001 Mahnmal und Gedenktafel zur
Erinnerung an die in der NS-Psychiatrie deportierten Patientinnen und
Patienten. Krankenhauspark KRH Psychiatrie Wunstorf.
Ausstellungsbeteiligungen, Ausstellungen zu zweit
11 / 1969 Jahresschau Bergischer Künstler, Wuppertal 12 / 1970 Jahresschau Bergischer Künstler, Wuppertal 11 / 2011 Titelbildwettbewerb Psychiatrische Praxis, Thieme-Verlag, DGPPN-Kongress Berlin mit Folgeausstellungen NN ab 2012 9 / 2013 MHH Kunstforum Hannover mit Martina Rick 2 / 2015 Galerie Intermezzo, Kunstverein Barsinghausen 3 / 2015 Kunstscheune Steinhude (mit Marga Falkenhagen) 4 / 2015 Asklepios Fachklinikum Göttingen (mit Martina Rick) 7 / 2015 Forum Stadtkirche Wunstorf: Kunst im Turm 1 / 2016 Jahresgaben Kunstverein Neustadt / Rbg. 4 / 2017 Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek Hannover (mit Hans Burkardt +) 9 / 2018 Kunstgalerie Rathaus Fürstenwalde: Miniatur in der bildenden Kunst 10 / 2019 Künstlergruppe arche, Hameln, Herbst 2019 12 / 2019 Künstlergruppe arche, Hameln, Das kleine Format 2019 in Vorbereitung 1 / 2020 Jahresgaben Kunstverein Neustadt / Rbg. seit 11 / 2015 Artothek, Kunstverein Neustadt / Rbg. http://www.kunstverein-neustadt.de/artothek/
Publikationen, Berichte und Internetpräsenz
Andreas Spengler, 2015, Als Arzt und Künstler im Dialog mit Patienten und Werken, In: Otto Neumaier (Hg.): Grenzgänge zwischen Wissenschaft und Kunst. Wien - Berlin - Münster, LIT Verlag, Seiten 69-80 (Österreichische Forschungsgemeinschaft ÖFG, AG Wissenschaft und Kunst: Wien, 17.11.2013)
Angelika Otto: Künstler und Kollege. NeuroTransmitter 28, April 2017, Seiten 56-57. ISSN 1436-123X Aufruf des Heftes im Internet mit den Suchbegriffen "BVDN Neurotransmitter Archiv"
Psychiatrische Praxis 2015: 42 Titelbild "18-09" - Kurzbericht S. 50
Unter dem Titel "pictor doctus - Fünf Jahrzehnte Zeichnung und Malerei" habe ich im Februar 2017 einen Bildband über meine Arbeit seit 1966 mit ausgewählten Kapiteln herausgegeben.
Erstmals sind medizinische Illustrationen aus frühen Studienjahren zu sehen. Die Retrospektive umfasst Aquarelle nach 1968 bis zu aktuellen Arbeiten.
Prof. Dr. W. Neuhuber, Anatomisches Institut Erlangen, steuert einen Essey über Kunst und Anatomie und über meine Arbeit bei.
ISBN 978-3-00-055610-4, Selbstverlag. (Hardcover, 64 Seiten, numm. limitierte Auflage 450.)
2009-2010 "Elementarkräfte - Schaffen und Werk psychiatrieerfahrener Künstler über 100 Jahre"
Die Ausstellung wurde im Gründungsjahr des Bündnisses gegen Depression in der Region Hannover mit Prof. Siegfried Neuenhausen und Lothar Schlieckau sowie Kulturbüro Hannover vom 25.4.bis 30.5.2010 in der Städtischen Galerie KUBUS, Hannover präsentiert und durch ein Veranstaltungsprogramm ergänzt.
Katalog: Andreas Spengler, Siegfried Neuenhausen, Lothar Schlieckau, Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover (Hg.) Elementarkräfte - Schaffen und Werk psychiatrieerfahrener Künstler über 100 Jahre. Psychiatrie-Verlag Bonn, 2010, ISBN 978-3-88414-599-9 http://www.elementarkraefte.de
2012 Mitwirkung bei der Organisation der Ausstellung "VerrücktinForm", 6.7.-31.7.2012 im Ärztehaus Hannover - gleichnamiger Katalog mit Aufsatz zum Thema (Pressestelle der Ärztekammer Niedersachsen)
2009 Projekt Julius Klingebiel (1904-1965)
Mit meinen Kollegen Dr. Koller in Göttingen und Dr. Hesse in Moringen engagiere ich mich seit 2009, um das Leben und das Werk des Psychiatriepatienten Julius Klingebiel aufzuarbeiten. Der 1939 akut psychisch erkrankte Schlosser und Wehrmachtsangehörige wurde polizeilich über Langenhagen in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf verlegt. Er wurde 1940 durch eine Zwangssterilisierung Opfer der NS-Psychiatrie und für die T4-Tötungsaktionen gemeldet. Er überlebte nach einer Verlegung in das Landesverwahrungshaus Göttingen. Nach dem Kriege blieb er geschlossen untergebracht, ohne daß dies je richterlich genehmigt worden wäre, auch als diese Genehmigung längst gesetzlich vorgeschrieben war. 1951-1963 malte er seine Zelle 117 vollständig aus und schuf ein komplexes Kunstwerk, das heute der sog. Außenseiterkunst zugerechnet wird und in der Kunstwelt als solitäres, bedeutendes Zeugnis aus der Nachkriegszeit gilt. Klingebiel hinterließ auch Einzelgemälde, von denen heute 19 bekannt sind. Das 2016 geräumte Gebäude gehört dem Land Niedersachsen. Die Zelle ist als Einzelbaudenkmal anerkannt.
Projektträger ist der Förderverein Sozialpsychiatrie Moringen e.V. (Vors. Dr. D. Hesse). Wir engagieren uns unter anderem in Zusammenarbeit mit der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg für den Erhalt und die dauerhafte öffentliche Präsentation der Malerei und bieten hierzu weitere Informationen an unter
Dort geben wir einen Überblick über Hintergründe, Publikationen, Medienreaktionen, Ausstellungen und aktuelle Veranstaltungen. Die Seite ist im August 2016 neu gestaltet und durch eine englische Kurzfassung ergänzt worden.
Buchpublikation: Spengler, A., M. Koller, D. Hesse (Hg.) (2013): Die Klingebiel-Zelle. Leben und künstlerisches Schaffen einesPsychiatriepatienten. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. Weitere Veröffentlichungen siehe Homepage Klingebiel.
Fernsehfilm: "Ausbruch in die Kunst. Die Zelle des Julius Klingebiel" Szenische Dokumentation. Autorin: Antje Schmidt. Erstausstrahlung NDR 14.6.2015 Wiederholung 3sat im Januar 2016.
Fotoimpression:
Naturalistischer Eindruck beim Betreten der Klingebiel-Zelle (c) Andreas Spengler 2013 Der Lichteinfall verändert sich im Tageslauf.
2019 habe ich das Forum Stadtkirche Wunstorf e.V. bei der Gestaltung der jährlichen Ausstellung "Kunst im Turm" unterstützt.